Die Umstellung auf SAP S/4HANA und der damit verbundene Umstieg auf die Datenbanktechnologie HANA werden im IT-Umfeld zurzeit heiß diskutiert. Warum ist es für Unternehmen so wichtig, sich bereits heute mit diesem Thema zu beschäftigen? Und was ist beim Umstieg zu beachten? Antworten von Joachim Gutheil, Geschäftsführer SPIRIT/21 GmbH, im Interview.

SAP S/4HANA: Warum Unternehmen besser heute als morgen umsteigen sollten

Herr Gutheil, welche Unternehmen sollten auf SAP S/4HANA wechseln und warum?

Der Wechsel zu SAP S/4HANA macht für alle Unternehmen Sinn, gleich ob sie bereits SAP-Software einsetzen oder die eines anderen Anbieters verwenden und mit dem Gedanken spielen umzusteigen. Die neue Generation der ERP-Software von SAP bietet aufgrund ihrer Innovationen Mehrwerte, denen man sich auf Dauer nicht verschließen kann. So bringt S/4HANA als neuer digitaler Kern von SAP eine deutlich verbesserte User Experience. Über das neue Frontend SAP Fiori können Anwender auch von mobilen Endgeräten leicht auf Geschäftsprozesse zugreifen und dadurch schneller und flexibler agieren. Gleichzeitig ermöglicht die In-Memory-Technologie der HANA Datenbank schneller auf große Datenmengen zuzugreifen, die sich in Echtzeit verarbeiten, verknüpfen und analysieren lassen. Planungsläufe können in deutlich kürzeren Zyklen ausgeführt werden, wodurch aktuellere Daten zur Entscheidungsfindung zur Verfügung stehen. Das heißt, mit S/4HANA sind Unternehmen in der Lage, ihre IT-Umgebungen zu vereinfachen, Produktivitätsgewinne zu erzielen und ihre digitale Transformation weiter voranzutreiben.

Neben diesen Vorteilen, die eindeutig für den Umstieg sprechen, gibt es zusätzlich noch den zeitlichen Druck von SAP.

Das ist richtig. SAP hatte zunächst angekündigt, die Wartung der ERP Business Suite 7 in den nächsten Jahren einzustellen. Inzwischen wurde der Wartungszeitraum für die zentralen Anwendungen nochmal bis 2027 bzw. für die Extended Maintenance bis 2030 verlängert, um den Unternehmen genügend Zeit zu geben, gezielt und gut in die neue Welt zu kommen.

Wo liegt auf dieser Zeitschiene aus Ihrer Sicht der optimale Zeitpunkt für einen Wechsel? Wann sollten Unternehmen auf SAP S/4HANA umsteigen?

Natürlich kommt es immer auf die individuelle Situation an, aber je eher sich ein Unternehmen mit dem Thema beschäftigt, desto besser. Grundsätzlich kann ich nur jedem empfehlen, sich frühzeitig auf den Umstieg vorzubereiten, Vorstudien durchzuführen und schnellstmöglich gemeinsam mit einem SAP erfahrenen IT-Beratungshaus eine Roadmap zu entwickeln. Denn oft sind mehrere Schritte innerhalb eines Vorprojektes notwendig, um die notwendigen Voraussetzungen für den Wechsel zu schaffen. Manche Unternehmen haben ihre aktuellen SAP-Systeme noch gar nicht auf dem Level, um in Richtung SAP S/4HANA gehen zu können. Hier steht SPIRIT/21 beratend zur Seite und unterstützt bei allen Fragen, die im Vorfeld eines Umstiegs auf S/4HANA geklärt werden müssen. Wenn der Fahrplan erstmal definiert ist, ist meist noch genügend Zeit, um in Ruhe die nötigen Vorbereitungen zu treffen und anschließend durchzustarten.

Wieviel Zeit muss ein Unternehmen für den Umstieg einplanen?

SAP spricht von circa 12 bis 18 Monaten, das stimmt auch mit unseren Erfahrungen aus verschiedenen Projekten überein. Oft wird die Komplexität der Einführung jedoch unterschätzt. Die Projektdauer ist in erster Linie von zwei Faktoren abhängig: der Ausgangslage des ERP-Systems und der Größe des Unternehmens. Des Weiteren muss im Vorfeld geklärt werden, wie hoch die Prozessvielfalt und der Anteil an Custom Code ist und ob innerhalb des Projektes die gesamte SAP-Systemlandschaft konsolidiert und harmoniert werden soll. Die Antworten auf diese und ähnliche Fragen werden den Zeitfaktor wesentlich beeinflussen, ebenso wie die Entscheidung, ob die bestehenden Systeme komplett abgelöst und S/4HANA von Grund auf neu implementiert oder die Transformation schrittweise erfolgen soll. Und diese Entscheidung beeinflusst, nicht nur die Dauer des Projekts, sondern auch die damit verbundenen Kosten.

Wie lassen sich Zeitaufwand und Kosten reduzieren?

Viele Unternehmen gehen bei der Umstellung stufenweise vor. Das halte ich für ein gutes Szenario, um Kostenbelastungen zu reduzieren. So kann es beispielsweise Sinn machen, zunächst auf die HANA Datenbank zu wechseln, um die Performance zu erhöhen und Echtzeitauswertungen zu ermöglichen. Eine zweite Möglichkeit ist, bereits unter der ERP Business Suite SAP Fiori einzusetzen. Dies sind erste Schritte Richtung Digitalisierung, ohne dass das Unternehmen bereits auf S/4HANA umstellen muss. Im nächsten Schritt können dann die Prozesse optimiert und für den Umstieg vorbereitet werden.

Wie können sich Unternehmen auf die Transformation vorbereiten?

Die Umstellung auf S/4HANA erfordert ein strukturiertes Vorgehen. Unsere Erfahrungen aus verschiedenen Kundenprojekten zeigen, dass es vor einem Wechsel auf SAP S/4HANA absolut notwendig ist, eine Studie vorzuschalten. Ziel dieser Vorstudie ist es, gemeinsam mit dem Projektpartner zu erarbeiten, in welchem Szenario der Umstieg erfolgen soll. Ob die Migration stufenweise durchgeführt werden sollte oder ob es effektiver ist, in einem großen Schritt in die neue Welt zu gehen und dabei die Chance zu nutzen, die gesamte SAP-Landschaft zu konsolidieren oder neu aufzusetzen. Diese Fragen werden von unseren Beratern innerhalb der Vorstudie analysiert.

Sie haben gerade verschiedene Szenarien für die Einführung von SAP S/4HANA beschrieben. Je nach Situation empfiehlt sich ein kompletter Neustart oder ein stufenweises Vorgehen. Was spricht für den Greenfield- und was für den Brownfield-Ansatz?

Der Umstieg auf S/4HANA ist ein Schritt in eine neue Welt. Er bietet nicht nur die Möglichkeit, Prozesse zu modernisieren, sondern auch die Chance, alte Zöpfe abzuschneiden. Viele Unternehmen haben heute ein hochentwickeltes ERP-System im Einsatz, das im Laufe der Jahre immer wieder durch eigene Entwicklungen ergänzt wurde. Mit S/4HANA, das viele prozessuale Weiterentwicklungen bietet, ist es nun möglich, auf Best-Practice-Prozesse zurückzugreifen, Eigenentwicklungen abzulösen und wieder zurück auf den SAP-Standard zu gehen. Dies erleichtert Releasewechsel und Upgrade-Projekte und reduziert deutlich die damit verbundenen Aufwände. Der Greenfield-Ansatz bietet also die Chance, Altsysteme, Eigenentwicklungen und Third-Party-Produkte abzuschalten und diese innerhalb von SAP abzubilden. Der Brownfield-Ansatz hingegen ist verträglicher für die Kostenbelastung des Unternehmens. Hier wird die Einführung zunächst auf den bestehenden Prozessen aufgebaut. Diese dann in einem nächsten Schritt zu optimieren, ist oft der komplexere Weg. Grundsätzlich empfehle ich deshalb, sofern es die Rahmenbedingungen zulassen, möglichst im Greenfield-Ansatz zu wechseln. Letztendlich ist es oft auch eine Frage des Budgets, welches Einführungsszenario gewählt wird.

Wie kann SPIRIT/21 bei der Einführung von S/4HANA unterstützen?

Wir beraten unsere Kunden durchgängig während des gesamten Umstellungsprozesses. Im Rahmen der Vorstudie setzen wir auf verschiedene Analyse-Tools, mit denen wir herausfinden, wo das Unternehmen aktuell mit seinem ERP-System steht. Dazu zählen zum Beispiel SAP Business Scenario Recommendations for SAP S/4HANA, SAP Transformation Navigator for SAP S/4HANA oder der SAP Readiness Check for SAP S/4HANA. Wir erhalten Reports, die uns aufzeigen, wie groß der Eigenentwicklungsanteil ist und ob bestimmte Programme überhaupt schon HANA-fähig sind. Daraus kann oft schon sehr gut abgeleitet werden, welches Umstiegsszenario für den Kunden infrage kommt. Auch sehen wir welche Aufwände, Lizenzkosten und Investitionen damit verbunden sind und wie lange das Projekt vermutlich dauern wird. Auf Basis der Vorstudienergebnisse und unserer Erfahrung aus den unterschiedlichsten Projekten erarbeiten wir dann die Konzeptvorschläge für die Einführung. So entsteht eine individuelle Roadmap, mit der der Projektpartner in seine neue Zielumgebung gehen kann.

Wie geht es weiter, nachdem der Fahrplan steht?

Sobald die Roadmap festgelegt ist, kann mit der Implementierung begonnen werden. Hier haben wir gute Erfahrungen mit den SAP Model Companies gemacht. Diese vorkonfigurierten, branchenspezifischen Referenzlösungen sind sofort einsatzbereit und helfen, die Einführung erheblich zu beschleunigen. Seit kurzem ist es auch möglich, sich aus mehreren Model Companies ein eigenes Modellunternehmen zusammenzustellen. Der große Vorteil ist, dass Unternehmen die neuen Prozesse dabei nicht gegen ihre Bestandsprozesse „matchen“, sondern gegen die Best-Practice-Prozesse der Model Company. So können sie bei der Prozessanalyse erheblich Zeit und Kosten sparen. Bei einem unserer mittelständischen Kunden ist es uns auf diese Weise gelungen, den Einführungsaufwand um vier bis fünf Monate zu reduzieren.

Spielen bei der Transformation auch Fragen rund um das Betriebsmodell eine Rolle?

Beim Umstieg auf SAP S/4HANA liegt der Fokus zunächst auf der Applikationsseite. Trotzdem versuchen wir bereits in den Vorstudien, das große Ganze zu betrachten. Dazu gehören selbstverständlich auch Fragestellungen, die den künftigen Betrieb betreffen. Zum Beispiel wie und wo das neue System künftig betrieben werden sollte. Ob es im eigenen Rechenzentrum implementiert wird oder ob es möglicherweise kosteneffizienter ist, den Betrieb auszulagern und Leistungen über einen Managed Service-Vertrag bei einem externen Dienstleister einzukaufen. Außerdem liegt es nahe, auch noch andere Szenarien zu betrachten, zum Beispiel welche Möglichkeiten Cloud-Services in diesem Zusammenhang bieten und wie sich das Unternehmen zu diesem Thema künftig positionieren sollte.

Und was kommt nach der Implementierung?

SPIRIT/21 unterstützt als Managed Service Provider SAP-Anwenderunternehmen auch nach dem „go-live“. Durch den Zukauf von Application und Managed Services können sie ihre eigenen Mitarbeiter im laufenden Betrieb und von Routineaufgaben im SAP-Umfeld entlasten. So gewinnen Unternehmen Freiräume, um sich mit neuen Themen zu beschäftigen und das nötige S/4HANA Knowhow aufzubauen. Spezielle Trainingsangebote von SPIRIT/21 helfen dabei.

Herr Gutheil, wir danken für das Gespräch.

Ursula Ilg, Unternehmenskommunikation

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